Der Deal der Bundesregierung mit Marokko: Ausverkauf des Völkerrechts

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Im Gegenzug zur Aufnahme abgelehnter Asylsuchender aus Marokko hat die Bundesregierung nach Aussage des marokkanischem Regierungschefs Abdelilah Benkiran am 29.02.2016 zugesagt, das Königreich bei der Durchsetzung seiner Interessen bezüglich der Westsahara zu unterstützen. Marokko hat also statt Geld politische Zugeständnisse gefordert und bekommen. Konkret habe Deutschland Marokko zugesagt, ein Berufungsverfahren gegen ein Urteil des Europäischen Gerichtshofs zum Agrar- und Fischereiabkommen mit Marokko zu unterstützen. Die europäischen Richter haben dieses Abkommen für illegal nach dem Völkerrecht erklärt, weil es die Gebiete der WS einschließt, die durch Marokko besetzt sind.

Dieses öffentliche Zugeständnis bricht mit der bisherigen Position der Bundesregierung, eine Lösung im Rahmen der UNO im Sinne des Völkerrechts zu unterstützen und dies mit einem Menschenrechtsmonitoring der UN-Mission MINRSO in der Westsahara zu verbinden.

Zur Erinnerung: die Westsahara ist das letzte nicht-selbstverwaltete Gebiet auf dem afrikanischen Kontinent, eine UNO-Umschreibung für besetzte ehemalige Kolonien. Sie ist 25 Jahre nach der Unabhängigkeit Südafrikas und Namibia das letzte afrikanische Land, was den Prozess der Dekolonialisierung nicht abgeschlossen hat. Die ehemalige Kolonialmacht Deutschland unterstützt nun im Einklang mit Marokkos Schutzmacht Frankreich faktisch die völkerrechtswidrige Besetzung der Westsahara durch das Nachbarland Marokko – dies fast auf den Tag genau 40 Jahre nach dem Abzug der spanischen Kolonialmacht und dem „Ausverkauf“ an Marokko. Die Saharauis haben mit dem Abzug der Spanier einen eigenen Staat ausgerufen, die Demokratische Arabische Republik Sahara, die ihren Regierungssitz in Flüchtlingslagern in Algerien hat. Über 100.000 Saharauis mussten 1975/76 vor Napalm- und Phosphorbomben der marokkanischen Armee in Wüstengebiete des Nachbarlandes fliehen, wo sie bis heute auf eine internationale Lösung des Konfliktes warten. Ein anderer Teil der Saharauis lebt in ihrem eigenen Land unter Besatzung durch 160.000 marokkanische Soldaten, die eine verminte Grenze sichern. Menschenrechtsorganisationen wie Amnesty International und Human Right Watch weisen seit Jahren auf massive Menschenrechtsverletzungen von Seiten des marokkanischen Staates hin.

Marokko hatte erst vor einigen Tagen die offiziellen Kontakte mit der EU wegen des Urteils des Europäischen Gerichtshofs eingestellt. Gunther Hilliges, der stellv. Vorsitzende des Vereins Freiheit für die Westsahara e.V., kritisiert:

Dieser Deal ist ein Kniefall vor einem Land, das Fluchtursachen durch Menschenrechtsverletzungen und illegale Besetzungspolitik erst produziert und mit dem Protest gegen das EUGH-Urteil seine Mißachtung gegenüber unabhängigen Gerichten zum Ausdruck bringt. Deutschland ignoriert mit seiner politischen Unterstützung Marokkos in dieser Frage das Völkerrecht und seine eigene Verantwortung als ehemalige Kolonialmacht, die Lösung des letzten Kolonialkonflikts in Afrika im Sinne des Selbstbestimmungsrechts des saharauischen Volkes zu unterstützen“.

Der Verein wendet sich an die Abgeordneten des Bundestages, nicht zuzulassen, dass

Flüchtlinge gegen Flüchtlinge von der Bundesregierung ausgespielt und Konfliktherde befeuert werden. Wenn die Regierung auf Abwegen ist, sollte das Parlament das Völkerrecht mit entsprechenden Beschlüssen für ein Referendum in der Westsahara unterstützen wie dies auch das EU-Parlament und andere Nationalparlamente tun.

Für Nachfragen und Interviewwünsche:
Freiheit für die Westsahara, Gunther Hilliges (stellv. Vorsitzender)
freie_westsahara@posteo.de

Bremen, 05.03.2016